Entrepreneurship

Entrepreneure sind Meister darin, Unsicherheit zu bearbeiten

„Entrepreneurship is about taking risk“ sagt Peter Drucker. Es gibt unzählige Bücher und Modelle die aufzeigen, wie man Marktopportunitäten identifiziert und Ideen zu Produkten und Dienstleistungen heranreifen lässt. Die persönliche Unsicherheit bleibt dabei oft Privatsache. Hat man Erfolg ist man ein Held. Scheitert man, wird man zum Gespött und schliesslich unsichtbar. Ist die erste Euphorie über die tolle Idee verflogen, dann kommen die schlaflosen Nächte: Wieso erkennen die Leute noch nicht, wie genial meine Idee ist? Kopiert mich jemand und überholt mich rechts? Werde ich von einem unerwarteten Trend überrascht?

Viele Methoden, Impact-hubs und Startup-events wollen einem weismachen, dass sich der Erfolg einstellt, wenn man nur genügend daran glaubt und genügend hart arbeitet. Diese Haltung ist nachvollziehbar, sie widerspricht jedoch den (wissenschaftlichen) Tatsachen: Dieser Elan und die Hingabe ist notwendig – aber nicht hinreichend. Oft werden die Helden aufgezählt, die es geschafft haben und sich mit eiserner Überzeugung aus der ausweglosen Situation heraus zum Erfolg gearbeitet haben. Confirmation Bias nennt sich dieser Denkfehler (Dobelli, 2011): Man fokussiert auf Beispiele, welche die eigene Überzeugung bestätigen (confirmation) – alles andere blendet man aus: Alle gescheiterten Helden kommen nicht vor in den Rankings, sie haben keinen Erfolg, verfassen keine eindrücklichen Zitate , sie erzählen keine packenden Geschichten. Kurz: Sie bleiben unsichtbar.

Unsicherheitskompetenz ist lernbar

Die Wahrheit ist: Entrepreneurship beinhaltet immer eine Unsicherheit. Entrepreneure sind Meister darin, Unsicherheit zu bearbeiten. Denn sie wissen um das Risiko des Scheiterns. Gleichzeitig wissen sie, dass Unsicherheit auch bedeutet, sich Chancen auszusetzen, sich das Unvorhersehbare zu Nutzen zu machen. Nur wer in die Unsicherheit geht, kann vom Unvorhersehbaren profitieren.

Viele Entrepreneure reden nicht gerne über Unsicherheit. Man will keine schlafenden Hunde wecken, den Teufel nicht heraufbeschwören. Deshalb bleibt Unsicherheit Privatsache. Gegen Aussen muss man den 150% Überzeugten geben. Gegen Innen nagt die Unsicherheit. Dabei ist Unsicherheitskompetenz lernbar. Unsicherheit hilft sogar auf dem Weg zum Ziel, sie ist wie ein persönlicher Navigator der hilft Mut von Naivität zu unterscheiden. Denn zwischen Mut und Naivität liegt ein schmaler Grat!

Unsicherheitskompetenz ist lernbar. Ein viertägiges Kursmodul auf Masterstufe am Psychologischen Institut der ZHAW bot den Rahmen dazu. Die folgenden Themen wurden bearbeitet:

  • Ist die persönliche Unsicherheit zu tief, passiert nichts Neues, es findet keine Innovation statt. Ist sie zu hoch, übermannt einen die Panik und es findet ebenfalls keine Innovation statt. Ein Navigator hilft, den richtigen Grad an Unsicherheit zu verorten und darauf zuzusteuern: Ausserhalb vom Bekannten und Sicheren, aber gleichzeitig mit genügend Abstand von der Panik. Dorthin wo gesunde Herausforderung herrscht.
  • „Show me, don’t tell me“ benennt Larry Leifer, einer der Gründerväter des Design Thinking seine Philosophie. Das „darüber reden“ ist eine beliebte Vermeidungsstrategie, um in der Komfortzone zu bleiben und sich nicht der Unsicherheit auszusetzen. Prototypen helfen, vom Reden weg ins Handeln zu kommen. Oft hindern einen zu grosse Fragen daran, ins Handeln zu kommen. Alles-oder-nichts Fragen sind nicht zielführend: „Soll ich mich mit dieser Idee selbständig machen?“ Diese Frage blockiert, denn der Gedanke daran es zu tun löst Panik aus. Und beim darüber Reden kommt man nicht weiter. Ausgehend von diesen (zu) grossen Fragen werden Prototypen um kleinere, bewältigbare Fragen herum gebaut. Z.B: „Findet meine Idee bei der Zielgruppe xyz Anklang?“
  • Die Kursgruppe fungiert als Resonanzraum, in welchem Prototypen angetestet und Feedback eingeholt werden kann. Die Spielregeln in der Gruppe sind klar definiert: Es soll ein „Safe Place“ sein, wo verrückte Ideen ebenso Platz haben wie Unsicherheiten und Ängste. Denn die Unsicherheitskompetenz erhöht man nicht durch das lernen von Modellen und das Lesen von Theorie. Man erhöht sie, indem man an der eigenen Unsicherheit arbeitet, sie reflektiert.

Unsicherheit auszublenden braucht auf die Länge zu viel Energie – und es gehen wertvolle Informationen verloren. Zielführender ist es, sich mit der Unsicherheit anzufreunden. Dann hilft sie mit, den richtigen Weg zu finden.

 

Literatur:

Dobelli, R. (2011). Die Kunst des klaren Denkens. München: Hanser.

Drucker, P. (1970). Entrepreneurship in Business Entreprise, Journal of Business Policy, Vol:1.


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